Die Inventur der Tausendfüßer
Einwanderung von Tausendfüßern in deutschen Gewächshäusern untersucht
Görlitz, den 23.05.2014. Wissenschaftler des Senckenberg
Forschungsinstitutes in Görlitz haben eine Inventur der in deutschen
Gewächshäusern lebenden Tausendfüßer durchgeführt. Dabei fanden sie
18 zugewanderte Arten, die bisher noch nicht in Deutschland entdeckt
wurden. Zwei der Tausendfüßer wurden das erste Mal in Europa
nachgewiesen. Die zugehörige Studie ist in der Fachzeitschrift
Biodiversity Data Journal erschienen.
Gewächshäuser sind frei von Frost und Kälte, haben meist konstante
Temperaturen und eine regelmäßige Wasserzufuhr: Ideale Lebensbedingungen
für wärmeliebende Tiere.
„Es ist demnach kein Zufall, dass sich die von uns untersuchten
Tausendfüßer dort wohl fühlen.“, sagt Peter Decker, Erstautor der
Studie und Biologe am Senckenberg Forschungsinstitut in Görlitz. Er hat
gemeinsam mit seinen Kollegen Dr. Hans Reip und Dr. Karin Voigtländer
das Vorkommen von Tausenfüßern – Diplopoda (Doppelfüßer) und Chilopoda
(Hundertfüßer) – in deutschen Gewächshäusern untersucht.
„Wir haben eine intensive Literaturrecherche betrieben und verschiedene
Museumssammlungen durchforstet, aber auch selbst in 29 Gewächshäusern in
ganz Deutschland vor Ort nach den Tieren gesucht.“, erklärt Decker.
Wie in den meisten anderen europäischen Ländern gab es in Deutschland
keine aktuelle Bestandsaufnahme: Die letzte Auflistung zum Vorkommen
dieses Unterstamms der Gliederfüßer stammte von 1952.
„Seit dieser Zeit hat sich aber einiges in Deutschland getan: Der Bau
von neuen Tropen- und Schmetterlingshäusern und die vermehrte Einfuhr
von exotischen Pflanzen, überwiegend aus den Tropen, begünstigt auch die
Zuwanderung verschiedener, nicht-heimischer Tiere.“, ergänzt Decker.
Eingeschleppt werden die Tausendfüßer versteckt in der Erde oder
sonstigem Pflanzensubstrat, teilweise als Eier oder in juveniler Form.
Insgesamt haben die Wissenschaftler mehr als 1800 der vielbeinigen
Tiere gesammelt – mit der Hand unter Steinen, Holz oder in der
Laubstreu aufgelesen und im Einzelfall Frankfurter Palmengarten auch mit
Bodenfallen.
„Wir konnten 53 Arten von Tausendfüßern unterscheiden, die in
Gewächshäusern in Deutschland leben. 18 dieser Arten sind
erstmalig in Deutschland nachgewiesen. Zwei sogar erstmals in
Europa!“, erläutert Decker.
Insgesamt stammen 34 Prozent der Tausendfüßerarten von anderen
Kontinenten – die Einwanderer aus Südamerika machen dabei den größten
Anteil aus.
25 Prozent aller gefundener Arten bleiben ausschließlich in ihrem
„Ökosystem Gewächshaus“. Im Umkehrschluss heißt dies, dass 75
Prozent der heimischen und der eingewanderten Arten auch außerhalb der
Gewächshäuser verbreitet sind.
„Doch nur sehr wenige der eingewanderten Arten überleben im städtischen
Bereich und stellen deshalb momentan keine Bedrohung für die
einheimische Fauna dar.“, resümiert Decker.
Quelle: Pressemitteilung Senckenberg Institut, FFM, v. 23.05.14